05. September 2018

(Amalfi)

Nach einer durchschaukelten Nacht an einer Ankerboje in einer Bucht am Anfang der Amalfiküste segeln wir weiter die Amalfi-Küste entlang. Kurz vor der Stadt Amalfi kommt wieder Wind auf. Richtig guter. Wir hatten gerade beschlossen, den schlappen Wind zu nutzen, uns ein bisschen vom Schiff durchs Wasser ziehen zu lassen. Gerade rechtzeitig geben wir den Plan dran, denn jetzt heißt es tatsächlich: Mit Schmackes segeln. Die Liebste steht am Ruder. Was wir im Golf von Neapel und auch vor und nach Capri beobachteten: Müll. Diesmal organischer. Ein dünner, aber immerhin doch: Baumstamm. Und noch einer. Denkt die Liebste. Mein Gott, da ist schon wieder einer. Aber ein richtig dicker! Ruft sie. Und erstarrt. Unmittelbar neben uns schießt dieser Baumstamm eine Fontäne in die Höhe. Gemächlich taucht er den Kopf unter, wölbt den Rücken aus dem Wasser. Zeigt kurz den Anfang einer Flunke. Taucht sie wieder weg. Schießt wieder eine Fontäne. Magisch. Unwirklich. Geheimnisvoll. Berührend. So fesselnd, dass wir erst auf die Idee kommen zu filmen, als der Wal schon wieder weiter weg ist. Wir fahren mit Schwung eine Wende, hoffend, wir könnten ihn ein bisschen begleiten. Aber er schwimmt genau gegen den Wind. Wir wollen nicht, aber wir müssen: Begreifen, dass er einfach wieder weg ist. Zum Abschied schenkt er uns beim Abtauchen noch einmal seine Flunke in ganzer Pracht.
Immer wieder von vorn erzählen wir einander, was wir ohnehin alle gesehen haben. Und können schon nach kurzer Zeit die Frage nicht mehr beantworten: War er so etwa 5 Meter lang? Oder eher 8? Oder mehr? Ist auch egal. Der Zauber ist eh nicht messbar. Wie tief er reicht, wird klar, als Katharina das Gefühl äußert, hier habe uns kurz ihr Opa einen Besuch abgestattet und einen Gruß fontänt. Ich sage „Ja“. Das heißt: Ich versuche es zu sagen. Aber mir verrutscht die Stimme. Wäre es richtig zu sagen das „Ja“ war wieder besseres Wissen? Welches Wissen? Ich habe es in diesem Moment einfach geglaubt und sie bestätigt. Wir haben Rührung geteilt und vergrößert. Wir haben Gerd innig zurückgegrüßt.
Kaum eine Viertelstunde später lacht das Leben. In Form eines Ormeggiatore. Wir haben gerade erst kurz vor dem Hafen von Amalfi über Funk unsere Ankunft gemeldet, da braust uns ein Schlauchboot  entgegen. Darauf zwei Männer. Das Schlauchboot legt sich sanft gegen unsere Bordwand, einer der beiden steigt bei Fahrt behände auf den Süllrand und schon steht er auf dem Schiff. Er lacht. Er begrüßt uns und gibt uns zu verstehen, dass er jetzt steuert. „Sit down!“ Lacher. „Relax!“ Lacher. „Enjoy. It’s kind of automatic!“ Lacher. Dabei fährt mit einem Affenzahn in eine Kleinsteinfahrt zwischen zwei Stegen. Dreht an einer etwas breiteren Stelle das Schiff mit Schwung um 1800 und fährt mit kaum verminderter Geschwindigkeit das Schiff rückwärts weiter. Und schon ist der Spuk vorbei. Das Schiff schwankt sanft perfekt festgemacht an einem Schwimmsteg. Claudio steigt vom Schiff. Und lacht noch immer. „First time Amalfi? You will like!“ Lacher.

Amalfi Ormeggiatore 1

Amalfi Ormeggiatore 2

Gut, dass wir den Touri-Race-Supergau schon in Capri bewältigt haben.

Positano Scharen von Tagestouristen

So geht er uns in Amalfi und in Positana nicht mehr so auf die Nerven. Nach Positana fahren wir die berühmte Amalfitana mit dem Bus. Jede Menge innere „Ah’s“ und „Oh’s“ und Guckmals. Und jedes Mal schwingt die Kamera hoch. Und ist schwerer als sonst. Sie weiß wahrscheinlich, dass es absolut sinnlos ist, hier fotografieren zu wollen und macht sich extra schwer.

Posotano Cafe am Stadtrand

Wir helfen uns auch hier damit, dass wir uns ganz bewusst lauschige Orte abseits vom Trubel suchen, um innezuhalten und die Sinne zu lüften.
So nah liegen die Welten beieinander: Da begegnen wir dem am besten gelaunten Ormeggiatore auf unserer Tour, liegen in einem Yachthafen, von dem wir mit 5 Minuten Fußweg ein lauschiges Städtchen erreichen, dessen Postkartencharakter am Abend, wenn der Trubel vorbei ist, sogar zu intensiven Momenten von Genuss führt.
Haben aber im Hafen keine Toiletten, keine Duschen. „I’m sorry, no.“ Lacher.