Ein Tanztheater-Stück in einer ehemaligen Industrieanlage.
Eine japanische Tänzerin und ein japanischer Tänzer bespielen eine rechteckige Bühne. Sie ist länglich. Das Rechteck verläuft längs vom Publikum weg, nicht quer zu ihm.
Schon das kreiert einen ungewöhnlichen Raum, bei dem man kaum von Bühne sprechen möchte.
Der Boden der „Bühne“ ist über und über mit Glasscherben bedeckt. An den beiden Längsseiten und an der hinteren Stirnseite hängen rechteckige Glasscheiben von der Größe eines mittleren Bilderrahmens an dünnen Seilen aufgereiht von der Decke. Dieser Vorhang aus Scheiben bildet die Wände des „Bühnen“raumes.
Die betanzte Fläche wird immer wieder wechselnd von unterschiedlich farbigem Licht, das von unterschiedlichen Orten her einfällt, verändert. Mal schimmert sie golden mit einem nach außen hin heller werdenden Schimmer. Dann wieder wird sie durch das Licht quer unterteilt. Hinten eine Fläche, die in bläulichem Licht wirkt wie eine Eisfläche, die angetaut und dann erneut gefroren ist. Die vordere dunkle Hälfte ist amorph. Noch da, noch Teil des Geschehens und doch nebensächlich.
Die Scherben auf dem Boden werfen je nach Lichteinfall Schattierungsflecken auf die Seitenwände. Wenn die Scherben durch die Schritte der Tänzer bewegt werden, beginnen die Lichtfleck-„Beschichtungen“ der Wänder seltsam lebendig zu werden.
Das Geschehen auf der Bühne bisweilen martialisch. Der Tänzer zerschlägt immer wieder Glasplatten, die in wohl geordneten Haufen um den Bühnenrand herum symmetrisch aufgeschichtet sind.
Immer öfter zücken Besucher um mich herum ihre Handys und fotografieren Standbilder, die besonders beeindruckend sind.
Auch ich spüre diesen Impuls. Und widerstehe ihm. Dies soll ein Erlebnis bleiben. Eines, an das ich mich erinnere. Oder auch nicht. Eines, das sich mir einprägt. Sich vielleicht mit der Zeit verändert. Von dem ich Einzelheiten besonders intensiv erinnere, andere gar nicht. Viele falsch. Aber was heißt schon „falsch“. Sehe ich im Original-Moment richtig?
Es ist erstaunlich, wie aufregend sich das anfühlt. Etwas Visuelles zu erleben, dem ich eine Konservierung als Foto verweigere. Dem Sehen das Abenteuer des möglichen Vergessens zu lassen.