Froggy The Trans
Die Sonne lässt das Städtchen quirlig plappernd noch einmal Sommer spielen.
Die Eisdiele ist voll besetzt. Hauptsächlich frisch Pensionierte mit hastig für einen letzten Einsatz dieses Jahr aufgebügelten kurzärmligen Hemden. Im Wohlgefühl des Wohlversorgtseins schaut man in die Einkaufsstraße hinein. Westfälisches Lächeln (eines, das man nicht sieht). Immer auf dem Sprung, einer irgendwie auffälligen Person ein irgendwie abfälliges Mundwinkelziehen hinterherzuschicken.
Vis à vis, – mittendrin im abtaxierten Blickfeld, sitzt eine Roma-Frau und bettelt. Die Pensionäre versuchen so zu tun, als wäre sie nicht da. Ein Lächeln, das man nicht sieht. Eine Bettlerin, die man nicht sieht.
Ich quirle auch. Auf diese Szenerie zu. Rechts die Eisdiele. Links die Romafrau. Vor mir eine skurrile Gestalt. Ein vielleicht 60jähriger Mann. Seine schon recht lichten Haare sind hell violett gefärbt. Er trägt ein T-Shirt. Auf dem Rücken steht, handgemalt: Froggy The Trans. Flatterige Schlabberbuchse. Barfuß in Schlappen. Links an der Schulter hängt eine Jutetasche mit Kuba-Flagge.
Leicht vorgebeugt geht er mit strammem Schritt an der Eisdiele entlang, als müsste er wo hin. Plötzlich fängt er lauthals an zu singen: „VÖLKER HÖRT – DIE – SIGNA-LE“. Keine Ahnung, welchen Schalter in mir das umlegt. Jedenfalls singe ich laut mit „AUF ZUM LET – ZTEN GEFECHT“ .
Ich erschrecke vor mir selbst. Das bin nicht ich. Um Gottes willen, – ich mache mich total peinlich. Am liebsten würde ich sofort wieder aufhören und hoffen, dass es keiner mitgekriegt hat. Aber das geht auch nicht. Ich will nicht, dass Froggy mich für feige hält. Also singe ich laut weiter. Zum Glück belässt es Froggy beim Refrain. Nach „ME – NENSCHENRECHT“ ist Schluss.
Ich bin nassgeschwitzt. Kann mich nicht in Luft auflösen.
Plötzlich dreht Froggy sich um und maunzt in breitem Berlinerisch: Na, det hasse abba noch janz schön jut drauf, wa?!
Und eilt weiter.