البكر,
Vor einer Woche hat sich Dschaber al-Bakr umgebracht. Seinen Namen habe ich aus Wikipedia hierhin kopiert. Wenigstens diese kleine Ehre will ich ihm erweisen, – seinen Namen in arabischer Schreibweise zu zeigen.
Als ich weiterschreiben will, stelle ich fest, dass die Schriftrichtung sich umgekehrt hat. Von rechts nach links.
Ich muss eine ganze Weile herumprobieren, bis die Schriftrichtung wieder von links nach rechts läuft.
Eine Woche ist sein Tod nun her. Inmitten all des hysterischen Wort- und Bild-Getümmels findet sich alles, was man medial aufbieten kann. Verpixelte Bilder, O-Töne von Fachleuten, Filmaufnahmen von allen möglichen Orten, die irgendwie mit ihm verknüpfbar sind. Selbst der schwerkranke Bosbach meldet sich zu Wort. Zahllose Spekulationen, Bewertungen, Erklärungen, Verknüpfungen aller Art stürmen durch die Medien.
Sogar zu schein-spaßigen billigen Begriffsspielereien lassen sich Journalisten hinreißen. Im Presseclub sagt der Moderator, er verstehe nicht, warum die Psychologin keine Selbstmordgefährdung gesehen habe. Schließlich gehöre der Selbstmord ja geradezu zum Berufsbild eines Selbstmordattentäters. Höhö.
Der tote junge Mann verkümmert zu einem Terroristen, dem man keine Träne nachweint. Zu einem, den irgendwie das richtige Schicksal ereilt hat. Zu einer bedauerlichen Lücke in diversen Ermittlungsmechaniken.
Irrsinnig viele Äußerungen. Nur eines nirgends: Mitgefühl.
Ist das naiv? Ist das trotzkopfdumm? Ein junger Mann ist tot. Er hat sich unter den Augen derer umgebracht, die auf ihn aufpassen sollten. Ist das unsere Rolle im zynischen Automatismus des Märtyrertodes? Dass eine aufgeklärte, demokratische, liberale, menschliche Gesellschaft einem toten potentiellen Attentäter das Mitgefühl verweigert?
Dschaber, – ich wünschte, er hätte andere Möglichkeiten der Zuversicht und des Aufgehoben-Seins finden können.
Ja, – es tut mir leid, dass er sterben musste.