Die Wochen 9+10
Stationen:
Vibo Valentia – Vibo Marina,
Tropea,
Taureana,
(Bagnara),
Reggio di Calabria,
Messina,
Milazzo,
Lipari – Porto Pignataro
Vibo Valentia – Vibo Marina,
Tropea,
Taureana,
(Bagnara),
Reggio di Calabria,
Messina,
Milazzo,
Lipari – Porto Pignataro
Abschied nehmen
Kann man auch Abschied geben?
Und wenn man Abschied genommen hat
Hat man dann den Abschied?
Kann man also Abschied haben?
Seh’n wir uns morgen?
Du, sorry, ich kann nicht, ich hab Abschied.
Vielleicht kann man Abschied
Nicht nehmen
Vielleicht kommt Abschied
Und geht.
Und wenn du ihn merkst
Ist er schon viel früher gekommen
Und wenn du denkst, er sei gegangen
Bleibt er länger, als Du glaubst.
Wenn du ihn spürst, ist es
Als würdest du eine Sonnenbrille abnehmen
Erst dann weißt du
Dass schon lange dein Tag
Abgedunkelt war.
Vielleicht kann man Abschied
Zu sich nehmen wie eine Speise
Annehmen wie eine Gabe
Einnehmen wie eine Medizin.
Abschied, der schon da ist
Nehmen.
(Maratea)
Im Rückblick kommt es mir vor, als habe die Zeit der Abschiede schon am begonnen.
Mit zwei Kleidungsstücken.
Der schicken hellblauen Italo-Sommer-Badehose, die ganz leicht transparent war, wenn sie nass war. In der ich mir so sexy vorkam. Ich habe sie wahrscheinlich beim Aufbruch in Maratea verloren. Dabei war sie, wie es sich für einen Segler gehört, mit einem fachmännischen Knoten zum Trocknen irgendwo an der Reling angebunden. Offensichtlich nicht fachmännisch genug.
Wer weiß, vielleicht nehmen die Badegelegenheiten eh ab. Auch in Italien wird es mal Herbst. Dann komm ich auch mit einer Badehose weniger aus. Oder sogar ohne.
Das zweite Kleidungsstück ist eine warme Kapuzenjacke. Nach dem Frieren oben in Maratea scheint klar: Anders als die Badehose werde ich die Jacke jetzt öfter brauchen.
(Vibo Valentia – Vibo Marina)
Dieser Abschied beginnt mit einem liebevollen Willkommen.
Wir sind ein bisschen spät dran. In ganz schicker Schreibe könnte es jetzt heißen: Wir sind schon so lange in Italien unterwegs. Unsere Lebensweise ist schon italienisch geworden. Man ist schon mal ein wenig spät dran. Meistens cinque minuti. Eine Zeitspanne zwischen 3 und 30 Minuten. So wie trecenti metri – dreihundert Meter – eine Strecke zwischen 300 m und 1,3 Kilometer ist.
Aber das wäre romantisch angeberischer Quatsch. Wir haben einfach die Dauer des Weges zum Bahnhof falsch in Erinnerung.
Als wir ankommen, sitzen Marion und Martin schon vor dem Bahnhof auf einer Bank. Martin hat die Arme nach hinten gestreckt. So kann er den Oberkörper ein bisschen nach hinten biegen. Der Sonne präsentieren. Marion liegt auf der Bank. Der Kopf auf Martins Oberschenkel. Die Beine baumeln am Ende herunter. Die Beiden haben sich diese Zeit mitten aus Alltags- und Berufs-Betriebsamkeit herausgeschält. Jede Minute Ruhen unter südlicher Sonne zählt. Martin bezeichnet es als „Vollbremsung aus voller Fahrt“.
Wir haben einander fast zu viel zu erzählen. Die Worte strudeln heraus und herum und genauso oft stauen sie sich. Am Schiff angekommen aber werden sie sparsamer. Es wird ein bisschen ernst. Abschied weht umher.
Ausgerechnet kurz vor ihrer Segelwoche mit uns hat Marion sich das linke Handgelenk gebrochen. Ausgerechnet in einem Moment heiterer vorfreudiger Ausgelassenheit. Sie darf den Arm zwar bewegen, sie darf aber auf keinen Fall bei einer plötzlichen Auffangbewegung sich mit diesem Handgelenk abstützen.
Sie will aber auf ein Segelboot. Da macht man unablässig solche Bewegungen.
Es hatte im Raum gestanden, das Segeln abzusagen. Da sie aber ohnehin den Flug nicht gecancelt hätten und so oder so hierhin nach Süditalien geflogen wären, haben wir gedacht: Warum dann nicht auch einfach gucken, was wie geht und was nicht? Und erst dann entscheiden, ob wir uns vom gemeinsamen Segeln verabschieden.
Die Entscheidung steht jetzt an. Der Reihe nach probiert Marion, probieren wir alle möglichen Gefahrenquellen aus: Den Weg über die Gangway. Sie verlangt Respekt. Sie fordert Dein Gleichgewicht heraus. Sie bewegt sich mit dem Schiff, nicht mit dir. Sie ist oft steil. Sie hat ein Gelenk in der Mitte. Sie hat kein Geländer.
Vier Martinhände am Anfang und am Ende als Sicherheit helfen. Gangway geht. Jedenfalls hier bei ruhigem Wetter.
Niedergang testen. Die kleine enge Treppe nach unten ins Schiff hat auf zwei Stufen rechts und links je eine Stützstrebe, die auf die Trittfläche ragt. Man tritt aus Versehen darauf und kommt aus dem Gleichgewicht. Außerdem sind die Stufen nicht besonders tief. Mit zwei Armen, die die Griffe rechts und links nutzen können, hüpft man hier locker runter. Die Ankunft von Marion hat mich bewegt, mich selbst mal beim Runterhüpfen zu beobachten. Witzig: Ich betrete die Treppe vorwärts vom Cockpit aus, drehe mich auf der zweiten und dritten Stufe um und nehme die letzte Stufe dann rückwärts. Ohne Marion wäre mir das wahrscheinlich 3 Monate lang gar nicht aufgefallen.
Niedergang geht.
Kabine, die kleine Badkammer, die Wege im Salon, – alles geht.
Am Nachmittag fahren wir ein bisschen raus und kreuzen in der Bucht von Vibo Marina. Sehen, wie es geht, wenn das Schiff in Segel-Bewegung ist.
Auch das geht. Jedenfalls bei ruhigem Wetter.
Bei der Rückkehr bekommen Marion und Martin denselben Willkommens-„Cocktail“ wie wir: Crema mandorla con salsa al caramelle.
Willkommen und Abschied.
Auf dem Schiff muss Marion immer die Armbinde tragen, damit ausgeschlossen ist, dass sie den Arm benutzt. Während des Segelns muss sie an einem sicheren Platz sitzen bleiben. Falls wir ankern oder an eine Mooring gehen, wird sie nicht ins Dinghi gehen können. Das schwankt immer enorm, selbst bei ruhigem Wetter. D.h. sie wird auch dann das Schiff nicht verlassen können. Der Törn nach Stromboli z.B. ist damit so gut wie hinfällig, denn dort können wir nur an die Mooring. Abgesehen davon würde es mit der Rückreise für die Beiden schwierig.
Die Wetterprognose für die nächsten Tage ist gut für uns. Ruhiges Wetter. Wenig Wind. Sie gibt am Ende den Ausschlag, dass wir dabei bleiben: Wir werden zusammen segeln und freuen uns sehr.
Die Schönheit einer in Ruhe gefundenen Lösung.
Irgendjemand hatte den beiden den Rat gegeben, bloß nicht mit Menschen zu segeln, mit denen man hinterher noch befreundet sein wolle. Wir wissen nicht, was diesen Menschen zu diesem Rat bewogen hat. Wir wissen aber, dass er Blödsinn ist. Schon dieser Anfang beweist uns das.
(Vibo Valentia Marina – Tropea)
Ein erster richtiger Törn mit Marion und Martin. Es weht ein angenehmer Wind, der uns segeln lässt. Das Meer ist ruhig. Das Handgelenk ist ungefährdet. Spaß kann sich breitmachen. Martin verabschiedet sich als erster ins Wasser. Seine „Vollbremsung aus voller Fahrt“ schüttelt er jetzt gerade prustend und rudernd und platschend ab.
(Vibo Valentia Marina – Tropea)
Hilfe und Dank, – ein kompliziertes Gemenge.
Du brauchst Hilfe, willst aber keine Hilfe brauchen müssen.
Du willst, dass die anderen sich amüsieren, aber es schmerzt, weil es dich daran erinnert, was du nicht kannst.
Du möchtest den anderen danken, aber auch zum Ausdruck bringen, dass du sie lieber nicht belasten würdest.
Du willst, dass man dir hilft, aber du willst niemandem zur Last fallen.
Dein eigener Dank erinnert dich umso mehr an deine Hilfsbedürftigkeit.
Für die, die helfen, ist es selbstverständlich zu helfen, aber manchmal auch lästig.
Das dürfen sie sich aber nicht gestatten, denn Helfen ist ja selbstverständlich.
Du freust dich über Dank, wehrst ihn aber auch ab, denn Helfen ist ja selbstverständlich.
Dank nehmen, Dank geben, – geht das auch, wenn man keine Wahl hat?
Und hat man keine?
Und was ist mit Lust und Faulheit? Mit schlechter Laune?
Wohin damit, wenn Helfen selbstverständlich ist?
Was passiert, wenn man keine Lust hat, es aber selbstverständlich ist, man sich dann rettet in „Das kann sie/er jetzt aber wirklich mal selber“, es aber nicht sagt, die/der andere es aber merkt, der Ton etwas spitzer wird, es aber nicht darf, denn es geht ja um Hilfe und um Dank und das sind liebevolle Impulse, und dann das eine oder andere Wort schon die Klinge schärft, für den Fall dass, …?
Am besten, denke ich, nimmt man das alles einfach nicht so ernst. Genießt die Sonne, das Schiff, das selige Lächeln auf all diesen Gesichtern, das Wiegen des Schiffes mit dem Wind, das sanfte Surren der Takelage, das Klackern der Winschen, die dummen Sprüche, die klugen Sprüche, die albernen Scherze, das Schweigen. Das Zeit Haben.
Am besten, man freut sich einfach ernsthaft.
(Tropea)
Letztlich weißt du nicht, was dich erwartet, wenn du dich von See aus einer Stadt näherst. Selbst, wenn du diese Stadt kennst. Manchmal schließt sie dich schon im Hafen in ihr großes Herz. Manchmal ist sie sperrig. Manchmal spröde. Manchmal ziert sie sich erst und nimmt dich dann doch auf. Manchmal schmeißt sie dich auch einfach wieder raus.
Tropea reißt uns in seine Arme. Wir klettern vom Hafen aus hinauf in diese wundervolle Stadt. Flanieren ein wenig. Das Versiegen der Touristenströme hilft der behaglichen Stimmung. Wir sitzen auf einer Piazza. Widmen uns einem Eis und einem Aperitif. Wir hören eine verzerrte Gitarre. Heben die Köpfe. Auf der Bühne, die hier aufgebaut ist, tut sich was. Ein Soundcheck. Und schon bei den ersten Tönen wird wahr, was wir vorhin schon gelesen, aber nicht weiter vertieft haben: Tropea-Blues-Festival. Der Soundcheck ein endlos langes Vorspiel. Auch für die Musiker. Mit einzelnen Töne werden die erogenen Zonen im Ohr angefixt. Manchmal lassen die Musiker sich gehen und dann steigen Einzelne ein in das, was der, der gerade dran ist mit dem Check, spielt. Dann schwirrt schwermütig smiling der Blues über den Platz. Alle atmen ein wenig auf. Füße wippen. Lächeln huscht über Gesichter. Dann geht der Soundcheck weiter. „Check, Check! One, Two! Check!“ Roadies, die sich über irgendwelche Stecker beugen, ab und zu eine kleine Rückkopplung. Ein blasiert guckender breit gestreift beanzugter langhaariger Gel-Möchte-Gern-Bluesianer steht neben dem Mischpult und guckt kurzwichtig. Wohl der Manager. Ab und zu leise geraunte Hinweise, die der Mischer per Monitor auf die Bühne schickt. Dann wieder Töne. Dann wieder Fragmente von Zusammenspiel. Und dann, – endlich! Wir sind schon kurz davor, wieder aufzubrechen. Dann endlich schenken sie uns einen Song, den sie zusammenspielen. Mit dem sie den Soundcheck abschließen. 4 Minuten Blueseligkeit.
(Taureana)
Die Liebste will Basilikum besorgen. Martin will uns heute Abend seine legendäre Tomatensoße kredenzen. Sie kommt nach langen Wegen „doppo la curva“ unverrichteter Dinge zurück. Die Sonne ist untergegangen. Die Dunkelheit, ihr verletzter Ehrgeiz – „klar besorg ich noch Basilikum“ -, dieses unwirtliche Gelände, die Verlassenheit, – ihr ist ein bisschen unheimlich. Ich gehe ihr entgegen. Zusammen betreten wir wieder das Hafengelände. Drinnen hantiert ein Mann an einem Auto. Die Liebste fragt ihn, wo man hier in der Nähe noch Lebensmittel einkaufen kann. Er spricht auch von „doppo la curva“ aber „molto lontano“. Wenn wir wollten, würde er uns eben fahren. Wir haben solche Angebote so oft beschämt abgelehnt. Jetzt nehmen wir es an. Der Mann räumt Kindersitz und Angel-Utensilien auf der Rückbank zur Seite. Wir steigen ein. Die Fahrt ist kurz. Doppo der dritten oder vierten Kurve ist tatsächlich ein kleiner Ort mit einem kleinen Laden. Wir steigen aus. Wir ergattern ein schon ziemlich welkes Basilikum-Sträußchen. Ein Drittel davon ist noch verwertbar. Das reicht. Der Mann fährt uns wieder zurück und erzählt, dass die meisten Fischer, die hier im Hafen liegen, Freizeit-Fischer wären, die auf Thunfisch und Schwertfisch aus sind. Wir sind erstaunt. Wir waren davon ausgegangen, dass es Thunfisch nur noch in entlegenen Gebieten gibt, die man mit Fisch-Fabrik-Ozean-Dampfern aufsuchen muss.
Die Freizeit-Fischer hier im Hafen sind allerdings hyperaktiv. Bis spät in der Nacht kommen sie vom Fischfang wieder. 3 kn Geschwindigkeits-Begrenzung im Hafen? Wird ungefähr so ernst genommen wie Auto-Verkehrs-Regeln. Allgemeines Durch-Schaukeln. Wir auch. Dann, denke ich, sind irgendwann alle wieder zurück und hoffe auf Ruhe. Weit gefehlt. Kaum sind die, die draußen waren, unter Dach und Fach, brechen die anderen auf. Hinein in den Tagesanbruch, der sich mit einem ganz, ganz leichten Schimmer im Osten schon ankündigt.
(Taureana – Bagnara – Reggio Calabria)
Heute versuchen wir gar nicht erst zu segeln. Wir motoren schläfrig vor uns hin. Es ist so ruhig, dass Marion am Steuer stehen kann.
… Einhandseglerin.
Wir hören ein leicht röhrendes Geräusch von hinten. Drehen uns um. Eine ziemlich eilige Motoryacht hat die Nase aus dem Wasser gereckt und brunft genau auf uns zu. Wir erschrecken. Verziehen unser Steuerrad. Sammeln uns wieder. Sehen auf der Motoryacht einen Mann, der aufgeregt mit den Armen rudert. Was soll das denn? Brettert ungerührt auf uns zu, als wollte er uns versenken und schimpft auch noch rum??!!
Die Motoryacht kommt noch näher. Der Mann, der mit den Armen rudert, hält etwas in der Hand, womit er winkt. Das ist doch! Na klar! Das sind unsere Schiffspapiere. Wir haben sie im Hafenbüro vergessen.
Von Reling zu Reling Übergabe. Verschämt gestottertes mehrfaches Danke. „Schon gut“ mit Blicken, die auch einen Hauch Ironie enthalten und doch freundlich sind. Dann zieht die Motoryacht wieder von dannen.
(Taureana – Scilla – Bagnara – Straße von Messina)
Dass ein weiteres Mal ein alter Traum von uns in Erfüllung gehen würde, war ziemlich klar. Dass es heute schon geschieht, nicht.
Wir wollen nach Scilla. Ein idyllisches Postkartenstädtchen in Calabrien. Das Hafenhandbuch legt nahe, dass es hier auch einen kleinen Hafen gibt. Als wir den Hafen anfunken, stellen wir fest, dass es nur Mooringbojen gibt. Das würde für die Lady mit der Armschiene bedeuten, dass sie wahrscheinlich nicht vom Schiff kommt. Was in einem der schönsten Städtchen in Calabrien nun wirklich keinen Sinn macht. Wir drehen um und steuern einen Hafen 3 sm vorher an. Bagnara.
Es gibt schöne und weniger schöne Häfen. Einladende und abweisende. Dieser hier hat aber auch die allerletzten Reste von Idylle abgelegt und kotzt einem einfach seine Existenz vor die Füße. Der Hafen ist belegt von großen Fischfangbooten. Hier ist der größte Teil der Schwertfisch-Fang-Flotte stationiert. Schon diese Kähne haben so gar nichts von der verspielten Romantik der bunten Fischer-Bötchen, die in malerischen Städtchen malerisch an den Kai drapiert sind. Damit wir uns einbilden können, der Fisch, den wir essen, käme nicht von hochtechnisierten Riesen-Fischkillmaschinen, die im Nordantlantik kreuzen und in industriellem Ausmaß ihrem tödlichen Geschäft nachgehen, sondern von zufriedenen Fischern, die im Morgenrot friedlich ihre Netze einholen.
Die hier sind dreckige, funktionelle, große Kampfmaschinen. Abwesenheit von Romantik. Anwesenheit von Arbeit.
Wir drehen eine Runde. Es gibt einen kleinen Schwimmsteg, an dem ein paar kleine Wochenend-Spaß-Motorboote liegen. Hier können wir nicht hin. Ratlos schauen wir uns um. Wir finden nicht mal jemanden, den wir fragen können, wo ein Platz für uns wäre. Die übliche Anfrage über Funk war ergebnislos gewesen. Keine Antwort. Die Anfrage via Telefon mit der Nummer aus dem Hafenhandbuch auch. Wir konnten den Angestellten einfach nicht verstehen. Und Englisch ging nicht. Also einfach rein.
Plötzlich taucht ein junger Mann auf. Er sieht ziemlich verwegen aus mit seinen zausigen, fettigen schwarzen Haaren, dem dreckigen Feinripp-Unterhemd, den Tatoos. Er bedeutet uns mit Gesten, an welchen Platz wir längs gehen können. Dann erklärt er uns etwas, von dem wir aber auch nur verstehen, dass der Hafen für den Tourismus geschlossen sei, dass wir aber trotzdem dort liegen könnten. Außerdem kündigt er seine Rückkehr für 17 Uhr an. Wir verstehen aber nicht, was er uns damit sagen will.
Ich steige vom Schiff und drehe eine Runde. Auf der Suche nach einem Wasserhahn, den wir anzapfen können. Dass es hier keine Elektrizität gibt, war auf einen Blick klar. Der erste Eindruck wird bei meiner Runde auf bedrückend martialische Art bestätigt. Einmal vorhandene Einrichtungen für Gäste wie uns sind nicht nur außer Funktion. Sie sind kaputt. Und nicht nur einfach das. Sie wirken wie lustvoll zerstört. Stromsäulen, die wie umgetreten und mutwillig auseinandergebrochen auf dem Kai liegen. Kabel quellen wie Gedärme aus ihnen heraus. Selbst die obligatorische irgendwann sicher auch mal rote Löschstation ist zerstört. Nur der dicke Schlauch selbst scheint noch intakt. Etwas abseits steht ein kleines Toilettenhaus. Es ist nicht nur einfach verlassen. Die Türen stehen auf. Der Boden ist voller stinkendem Müll. Der Wasserhahn über dem, was einmal ein Waschbecken war, ist aus der Verankerung gebogen und hängt schief über dem Becken. Die Toilettenschüssel ist randvoll mit verschmiertem Papier. Genauer kann ich es nicht beschreiben, weil ich mich schnell abgewandt habe ohne mich zu trauen genauer hinzusehen.
Unmittelbar vor dem Schiff steht kurz unter der Wasseroberfläche gut sichtbar eine Untiefe.
Zwei Männer tasten sich in einiger Entfernung vorsichtig an das Schiff heran. Als Martin sie mit „Hallo“ begrüßt, kommen sie näher, als würde sich hier doch etwas öffnen. Auch sie verstehen wir nicht richtig. Es scheint so zu sein, dass sie uns helfen wollen, in einem Supermarkt einzukaufen und in einer Pizzeria essen zu gehen. Aber sicher sind wir nicht. Selten habe ich den Widerspruch zwischen dem schicken Postkarten-Tourismus, den wir betreiben und dem dreckigen echten Leben so empfunden wie hier.
Für uns alle ist klar, dass wir hier nicht bleiben können. Wir hätten Angst. Eine irgendwie unwirkliche. Geradezu lächerliche. Denn es gibt ja keine sichtbare Bedrohung. Im Gegenteil. Immerhin haben drei Personen zu uns Kontakt aufgenommen. Der junge Mann ist extra um den ganzen Hafen gelaufen, um uns einen Platz zum Anlegen zu zeigen.
Trotzdem Angst. Ich fantasiere, dass wir womöglich nachts überfallen werden. Oder dass das Schiff geplündert wird, wenn wir es für einen Landgang verlassen würden. Und schäme mich zugleich dafür. Ich armseliges verwöhntes Wohlstandslandei zucke bei der ersten Begegnung mit dem Schmuddel schon klitzekleinmütig zusammen.
Wir brechen wieder auf. Zum ersten Mal steht die Liebste auf dem Vorschiff und gibt Zeichen, die uns helfen, jetzt hier nicht auch noch aufzusetzen.
Der nächste mögliche Hafen liegt weit entfernt hinter der Straße von Messina. Reggio Calabria. Die Liebste und ich haben schon oft davon geträumt hier herzusegeln. Natürlich mit der Vorstellung, das feierlich vorzubereiten und zu begehen. Wie es sich für die Erfüllung eines Traumes gehört. Davon müssen wir uns verabschieden.
Jetzt stolpern wir eher hinein. In aller Eile studieren wir die Gegebenheiten.
Hier herrscht immer Strömung. Zum Teil sehr starke. Hier herrschen fast immer besondere Wind- und Wellenverhältnisse. Nicht umsonst war diese Meerenge schon bei Odysseus und Kollegen so gefürchtet, dass sie die Kulisse für allerlei gruselige Mythen bildet.
Passend zu diesem besonderen Ort braut sich über Sizilien ein Wetter zusammen.
Es herrscht ein Betrieb wie in einem großen Bahnhof.
Ozeandampfer in zwei Fahrwassern von Nord nach Süd und umgekehrt. Kreuzfahrtschiffe. Unmengen Fähren jeder Art und Größe. Ihre Routen manchmal eindeutig quer zu unserer Fahrtrichtung: Messina – Reggio. Manchmal nicht eindeutig. Sie scheinen auf die Küste zuzustreben und drehen dann doch noch mal parallel. Für uns sind diese Schiffe, die von Land aus gesehen doch eher gemächlich irgendwo langbummeln, allesamt zu schnell. Vor allem die Fähren. Wir sind dagegen langsam. Auch mit Motor. Wir können nicht mal eben einfach so schnell ausweichen. Wir müssen uns großflächig von ihnen freihalten. Aber wie, wenn wir z.T. die Routen nicht vorwegnehmen können. Vier Menschen in höchster Konzentration beobachten über 2 Stunden lang alles, was hier schwimmt.
Als wir uns endlich langsam Reggio di Calabria nähern und damit dem Ende dieses Meerengen-Abenteuers, wird wahr, was der Himmel schon länger ankündigt. Es frischt ordentlich auf. Die Anspannung bleibt. Wir werden mit starkem Seitenwind anlegen müssen. Nicht gerade das, was Segler*innen lieben.
Immerhin: Das übliche Hafen-Funken funktioniert. Es gibt Platz. Wir sollen mal kommen. In der Hafeneinfahrt rudern plötzlich zwei Männer mit den Armen. Beide wollen uns für ihren Hafen gewinnen. Es gibt hier offenbar zwei. Wir kriegen nicht raus, mit wem wir gefunkt haben und entscheiden uns für den näheren, der geschützt hinter einer hohen Hafenmauer liegt.
Der Anlegeplan ist gut. Die Ausführung nicht. Der Ormeggiatore steht auf der Pier und hüpft aufgeregt hin und her. Hat mal diese Mooring-Leine in der Hand, mal jene. Gibt Richtungszeichen, die wir nicht verstehen. Wir sind konfus. Und landen in der Mooringleine unseres Nachbarn an Steuerbord. Zum Glück nur langsam. Erst dann beruhigen wir uns wieder. Lassen den Ormeggiatore rudern, winken und rufen und agieren wieder selbst.
Einladend ist auch dieser Hafen nicht. Aber wir sind sicher da. Das zählt jetzt erstmal. Als i-Tüpfelchen müssen wir die Gangway auf einer dicken Kette ablegen, wenn wir sie betreten. Sicheres gleichgewichtiges Trittgefühl fühlt sich definitiv anders an.
Der Schlusspunkt ist dann Aufregung. Sowohl unsere beiden Nachbar-Besatzungen, wie auch der Ormeggiatore überschütten uns mit der aufgeregten Botschaft, dass Sturm im Anlauf sei und wir in den nächsten Tagen auf keinen Fall wieder ablegen können.
Ihre Unruhe infiziert auch uns.
Wir verabschieden uns von der Unbeschwertheit, mit der wir bisher unterwegs waren, selbst dann, wenn es mal etwas schwieriger wurde. Wir verabschieden uns von Hafen-Idylle. Und vom Schönwetter-Segeln.
(Reggio di Calabria)
Morgen ist Martins Geburtstag. Die Liebste und ich haben einfach keine Idee für ein Geschenk. Wir haben schon ab und zu dran gedacht. Und dann wieder aufgehört. Ist ja noch Zeit.
Jetzt nicht mehr. Wir streifen am Abend durch ein nettes Vorort-Viertel von Reggio. Ohne Plan. Und dann fällt uns ein Laden vor die Füße. Das Schaufenster ist prall gefüllt mit Deko-Zeugs für alle möglichen Festivitäten. Im selben Moment steht der Plan. Wir erinnern uns, dass Martin vor kurzem in epischer Breite mal erzählt hat von einem besonders leckeren Frühstück. Er wird genau dieses Frühstück bekommen. Er wird ein schönes Luftballon-Gesteck bekommen mit einer 54. Mit Glitzer. Mit Azurro. Mit möglichst viel Italo-Schmalz. Wenn das bis morgen noch klappt. Die junge Frau in dem Laden zuckt nur ganz leicht. Ah – bis morgen –?! Aber dann sagt sie Ja. Zeigt uns Fotos. Macht Vorschläge. Freut sich an unserer Freude. Morgen um halb 10 können wir es abholen.
Dieser Erfolg ermutigt uns. Wie wäre es, wenn wir auch noch eine kleine Italo-Geburtstagstorte in einer Pasticceria bestellen? Am Ende der Straße ist eine. Hier gibt’s kein Zucken. Scheint normal zu sein, für den nächsten Morgen eine Geburtstagstorte zu bestellen. Die ja dann heute Abend oder morgen sehr früh gemacht werden muss??!!
Wir kaufen die Zutaten für das Frühstück und gehen glücklich wieder zurück.
Alte Blues-Weisheit: All good things come to those who wait.
(Reggio di Calabria)
Der eine Martin verabschiedet ein vergangenes Lebensjahr.
Der andere eine Geburtstagstorte.
Wir, die beiden Martins, holen, wie gebucht, um halb 10 das Luftballon-Gesteck und die Geburtstagstorte ab. Wir balancieren kichernd beides in einen Schönheitssalon. Hier möchte die Liebste heute Nachmittag sich eine Pediküre gönnen und bat uns, auf dem Weg einen Termin zu machen.
10 – 15 Kosmetikerinnen und 10 – 15 Frauen auf Friseurstühlen drehen sich zu uns um, als wir das Luftballon-Gesteck und die Torte in den Laden balancieren. Sie scheinen uns sehr deutlich zu verstehen zu geben, dass wir hier eigentlich nichts verloren haben und dass sich jetzt hier auch niemand um das kümmern kann, was wir wollen, was auch immer es sei.
Trotzdem kommt eine Dame zur Empfangstheke und fragt pflichtschuldig, was unser Begehr sei. Bei der Verabredung des Termins kommt es wie immer zu einem kleinen Gespräch, bei dem die Dame immer freundlicher wird. Ah – auf einem Schiff. Wie lustig. Natürlich kann ihre Frau kommen. Wir halten immer Termine frei für Spontanbesuche. Wie heißt sie? Wie ist ihre Handy-Nummer, falls etwas Unvorhergesehenes…? Ob der Termin ein Geschenk sei. Warum? Ja wegen der Luftballons und der Torte. Ach so, nein, die sind für den hier. Ich zeige auf den anderen Martin. Der hat heute Geburtstag.
Der ganze Laden verändert sich schlagartig. 10 – 15 Paare an Friseurstühlen flöten aufs Freundlichste „AUGURI!!“
Zurück am Schiff balanciere ich die Torte über die Gangway. Ich stelle sie auf der Sitzfläche im Cockpit ab. Froh, dass wir Ballons und Torte heil durch den stürmischen Morgen gebracht haben.
Vergesse die Torte. Und setze mich …
(Messina)
Angsthase! Pfeffernase! Morgen kommt der Osterhase!
Neptun. Er kann nicht nur Stürme entfachen. Er kann sie auch beruhigen. Auch in uns. Er steht zum Glück direkt am Hafen. So beginnen wir unter seinem Arm zu reden. Gehen in Gedanken noch einmal zurück zum Morgen.
Heute wieder ein Abschied. Marion und Martin werden den zweiten Teil ihres Urlaubs antreten. Noch eine Woche Tropea.
Der Wind scheint sich so weit beruhigt zu haben, dass wir die Überfahrt zurück nach Messina wagen können. Auch die Wetterberichte und der Ormeggiatore halten es heute für möglich. Morgen eher wieder nicht mehr.
Wir studieren die homepage mit der Strömungsvorhersage für die Straße von Messina. Sie ist in den nächsten 3 Stunden noch günstig für die Überfahrt nach Messina. Danach ist sie extrem ungünstig. Strom gegenan mit z.T. mehr als 3 Knoten.
Der aktuell milde Wind, die Strömung, – … plötzlich ist klar, dass wir uns den ruhigen Abschied mit traurigem Winken auf dem Bahnsteig genau betrachtet eigentlich nicht erlauben können, wenn wir nicht eine weitere Nacht in diesem unwirtlichen Hafen verbringen müssen wollen.
Also ein eiliger Abschied. Von unseren Freunden und von hier.
Von Anfang an ist mir mulmig. Ich glaube nicht der trügerischen Windruhe. In den letzten Tagen ist der Wind am Morgen erst wild gewesen, hat sich dann beruhigt und ist am Mittag umso heftiger zurückgekommen. Trotzdem brechen wir hastig auf.
Kaum sind wir draußen, frischt der Wind auf 6-7 Bf auf. Wir kämpfen mit dem Wind.
Ich kämpfe mit meinem Gemüt. Nein. Eigentlich kämpfe ich nicht. Ich habe schon vor dem Kampf aufgegeben. Ich habe Angst. Weiß mich kaum zu verhalten. Ich schrumpfe zusammen auf einen kleinen engen Knoten. Tief unten irgendwo in meinen Gedärmen. Schaue mit Grauen auf die höher werdenden Wellen. Auf den Windmesser, der immer neue beänstigende Zahlen auswirft. Versuche verzweifelt den wieder sehr lebhaften Schiffsverkehr zu beobachten. Reden geht nicht. Die Angst ist so groß, dass ich sie nicht benennen kann. Als wollte ich sie so aus dem Leben bannen.
Wo sie doch schon längst ist.
Dauernd phantasiere ich Schreckensszenarien. Der Motor fällt aus. Wir können nur noch vor dem Wind ablaufen. Wir treiben irgendwo auf. Schiffbruch. Wir produzieren Bruch im Hafen.
Die Liebste behält kühlen Kopf.
Irgendwann kommen wir an. Mit der Ankunft in Messina beruhigt sich der Wind. Ulrike hat über Funk um Unterstützung gebeten beim Anlegen. Ich hielt das nicht mehr für nötig. Genauso irrwitzig wie die Angst. Der Strom drückt uns mit Macht in den Hafen. Hier können wir gar nicht ohne Hilfe anlegen. Und es wird dann auch richtig kompliziert. Zum Glück helfen die Ormeggiatori nicht nur. Sie steuern das Ganze. Zum Glück ist die Liebste hellwach.
Ich bin ja nur der kleine Knoten.
Während des ganzen Nachmittags treibe ich vor meiner Angst her. Es fühlt sich an wie ein schlimmer Kater.
Erst am Abend können wir reden.
Richtig sortiert kriege ich, was ich heut Nachmittag erlebt habe, nicht. Ich kann nur Elemente benennen. Meine Angst hat etwas Vegetatives. Etwas Traumatisches. Als hätte es irgendwann eine schlimme Angst gegeben, die in mir weitergärt, ohne dass ich wüsste, was für eine es wäre und woran sie sich einst entzündete.
Sie ist unselig verknüpft damit, dass ich glaube, mir Angst eigentlich nicht erlauben zu können. Als Mann nicht. Schon gar nicht als Segler. Als SeeMann. Da sollte ich groß, stark, bärtig, entschlossen und mutig sein.
Sie ist unselig verknüpft mit der tiefen Überzeugung, dass irgendwann auffliegt, dass ich eigentlich gar nichts kann. Bei allem, was ich tue. Auch und schon gar nicht bei schwerem Wetter sicher und mutig eine Yacht führen. Dass es eigentlich wahnsinnig ist, dass so ein Weichei wie ich sowas überhaupt macht.
Sie ist unselig verknüpft mit der Not, dass all dies im Rucksack mir verbietet, um Hilfe zu bitten. Denn ich müsste es ja alles alleine können. Als mutiger Segelprofi.
Sie ist unselig verknüpft mit magischem Denken. Wenn ich dies oder jenes getan oder gelassen hätte, wäre jetzt dies oder jenes kein Problem. Wenn ich mehr trainiert hätte, mich in schwerem Wetter zu bewegen, hätte ich jetzt keine Angst. Aber jetzt ist es ja zu spät. Wenn ich ein richtiger Mann wäre, hätte ich sowieso keine Angst. Oder hätte entschieden und wissend heute Morgen gesagt, dass wir nicht auslaufen. Als autoritärer Skipper. Aber jetzt ist es ja zu spät.
Natürlich fällt der Motor nicht irgendwann aus, sondern jetzt. Jetzt – wo es besonders gefährlich wäre. Möglicherweise gab es auch schon Anzeichen. Hat er sich nicht gerade ganz anders angehört? Gleich wird der Windmesser bestimmt die magischen 30 Kn übersteigen. Und dann nähert sich das hier einem richtigen Sturm. Hier in der Straße von Messina ist alles möglich. Und Du hast wieder nicht die richtigen Informationen. Du hast nicht die richtigen Leute gefragt. Du hast Dich vor der Reise nicht vernünftig informiert. Du hast nicht dafür gesorgt, selbst ein Wetterexperte zu sein. Wie alle anderen Segler*innen. Du kannst ja nicht mal eine normale Wetterkarte lesen.
All das sitzt schmerzhaft zusammengequetscht als Knoten in meinen Eingeweiden und macht den Rest von mir als einsame Hülle hilflos.
Es gibt auch eine Verbindung zu meinem Vater. Ich weiß aber nicht, welche. Er scheint mir ein furchtloser, gestandener und entschiedener Mann gewesen zu sein. Ich habe aber keine Erfahrungen, die mir das erlebt belegen. Auch keine Erzählungen. Er hat eine lebensgefährliche Kriegsverletzung erlitten. Als 17-Jähriger. Ich weiß davon aber so gut wie nichts. Jedenfalls nichts von Angst. Ich weiß nur Erzählungen, die bei jedem Mal der Wiederkehr eine andere Färbung angenommen haben.
Ich weiß, dass ich einmal als vielleicht 7 oder 8-jähriger Junge vom Küchenfenster aus ein Gewitter habe aufziehen sehen. Bei den ersten Blitzen habe ich mich furchtbar erschrocken. Meine Mutter sagte dazu seufzend: „Ja, wer weiß, vielleicht geht jetzt die Welt unter.“ Ich weiß, dass in mir etwas regelrecht zerplatzte. Ich rannte in mein Zimmer. Was ich dann tat, weiß ich heute nicht mehr.
All das fördern die Fragen der Liebsten zutage. Ein Gedanke von ihr ist eine Art erste Hilfe: „Dein magisches Denken ist ein bisschen verrückt, denn eigentlich kannst du entweder alles, was du brauchst, um das hier zu bewältigen. Oder du kannst etwas nicht: Dann kannst Du Dir Hilfe organsieren.“
Es ist nichts gelöst. Aber der Kater ist vorüber. Ich gehe später am Abend wieder zuversichtlich auf dieses Schiff zu. Ich bin ihr sehr dankbar.
(Milazzo)
Wieder erleben wir, dass zwei Ormeggiatore uns abfangen und in einen Hafen mit Schwimmstegen geleiten. Dass das nicht der Hafen ist, in dem wir gebucht haben, wird uns erst beim Bezahlen im Hafenbüro klar. Raue Sitten. Harter Kampf um Einnahmen.
(Milazzo)
Abschied von Fotos, die ich in Messina und am Anfang in Milazzo gemacht habe. Ich hab sie nicht gemacht. Ich habe zwar auf den Auslöser gedrückt. Aber in der Kamera war keine Karte. Ich bin erstaunt, dass mich das nur mäßig entsetzt.
(Milazzo)
Im Castello di Milazzo, das wir erklettern, lesen wir, dass Steinmetze in Steinblöcke aus Lavastein oft Signaturen geschlagen haben, damit andere sie identifizieren konnten. Um dann auch Steinblöcke bei gerade diesem Steinmetz zu kaufen, weil sie so besonders gut gefertigt sind.
Wir hatten uns geziert, hier herauf zu klettern. Es ist ja auch weiß Gott nicht das erste Castello, das uns auf unserer Reise begegnet und nach oben lockt. Ob wir uns dies nicht vielleicht … ?
Natürlich klettern wir rauf.
Es ist immer wieder auf faszinierende Art beklemmend: Die Geschichte eines solchen Ortes ist über die mehr als 2000 Jahre so verwirrend und wechselvoll, dass man sie gar nicht darstellen kann. Und dass wir sie nicht verstehen. Schon nach wenigen Info-Tafeln sind wir lost in history. Was wir aber verstehen: Solche Orte scheinen ihren Charakter von Angriff und Verteidigung und Knast nie loszuwerden. Selbst im 20 Jahrhundert nicht. Dieses Castello hat aragonische Kriegsgefangene ebenso beherbergt wie entrechtete Regimegegner im italienischen Faschismus.
(Milazzo – Lipari)
Wir gehen es wie immer an. Studium der Wetterberichte. Sie sagen Ähnliches voraus. Wind aus östlicher Richtung zwischen 3 und 5 Bf. Die WarnApp warnt vor Gewittern über Sizilien. Eine andere App sieht eine leicht erhöhte Gewitterwarnung ab 16:00. Gewitter über Sizilien sehen wir nicht als übermäßig bedeutsam an. Schließlich fahren wir ja von Sizilien weg.
Wir sind lange genug in Milazzo. Außerdem sagen die Wetterberichte Winde aus O voraus. Das bedeutet, dass diese Schwimmstege, die nach Osten offen sind, ungemütlich werden.
Wir brechen früh auf. Von Wind keine Spur. Also tuckern wir per Motor auf das Capo Milazzo zu. Dort wollen wir Kurs auf Lipari nehmen. Einen Hafenplatz haben wir dort schon reserviert. Zwei, drei Seemeilen nach dem Capo Milazzo kommt dann doch zögerlich Wind auf. Wir haben uns gerade ein paar Schnitten gemacht zum Frühstück. Wir wollen die eben noch aufessen und dann Segel setzen.
Daraus wird nichts. Innerhalb von Minuten peitscht der Wind hoch. Die Wellen nehmen bedrohliche Höhen an.
Heute ist es Ulrike, die sich erschrickt und mit Besorgnis kämpft. Ich bin dank unseres Gespräches über Angst und magisches Denken ruhig. Wir werden das schaffen. Segel setzen wir nicht. Eine(r) von uns müsste dafür nach vorne zum Mast. Ulrike müsste entweder das machen oder das Schiff am Ruder im Wind halten, damit wir Segel setzen und ein Reff einbinden können.
Beides will ich ihr im Moment nicht zumuten.
Jede zweite Welle kommt über. Es ist wahrlich ungemütlich und beängstigend. Der Himmel so verdunkelt, dass man das Gefühl von Dämmerung hat.
Meile für Meile kämpfen wir uns vor. Das Schiff stampft unter Protest in die Wellentäler und ächzt wieder hoch.
Das hier ist der endgültige Abschied von friedlichem Sommer-Segel-Wetter. Wir haben die ganze Schwerwetter-Montur an. Sind sogar im Cockpit angeschnallt. Die Zeit will nicht vergehen. Vulcano, die Insel vor Lipari kommt erst nicht näher und zieht dann nur quälend langsam vorbei.
Irgendwann haben wir es dann doch geschafft.
Der Hafen von Lipari liegt einigermaßen windgeschützt und hinter einem großen Wellenbrecher. Wir müssen nicht mit allzu dramatischen Bedingungen beim Anlegen rechnen. Ulrike hat per Funk um „Unterstützung am Steg“ gebeten. Die bekommen wir mehr als genug. Wir werden vom Ormeggiatore in eine Lücke zwischen zwei deutlich größeren Yachten dirigiert. Dort stehen 10-15 Leute an den Relings und nehmen uns in Empfang.
Erleichtert puhlen wir uns aus den Regenklamotten. Erholen uns ein bisschen und tigern Richtung Stadt.
Adrenalin abbauen.
Am Horizont baut sich schon wieder die nächste Front auf. Wir hoffen, dass wir vor ihr in der Stadt und in einer gemütlichen Bar sind. Diese Hoffnung zerschellt schon nach kurzem Weg unter den ersten platschenden Tropfen. Wir wollen uns gerade in einen von Bäumen und Sträuchern wenigstens ansatzweise „überdachten“ Weg drücken, da hält neben uns ein Auto. Die beiden Männer winken uns hinein. Sie fahren uns in den Ort. An einer Kreuzung direkt am Wasser huschen wir über die Straße und springen in eine Bar. Man schickt uns in die erste Etage. Hier sitzen wir. Sind froh, dass wir heil in Lipari angekommen sind. Freuen uns über die Hilfsbereitschaft der beiden Männer. Zweifeln, ob wir das so in Deutschland auch hätten erleben können und schauen uns mit einigem Gruseln das stürmische Toben da draußen an.
(Rückblick auf Messina und Milazzo)
Ich träume von einem neuen Postkarten-Format.
„Living Postcards“.
Wir hätten welche verschickt aus Messina und Milazzo.
„From Real Life With Love“
Die Liebste und ich steigen ohne groß zu überlegen direkt am Hafen in eine Straßenbahn. Wir wollen einfach bis zur Endstation fahren und gucken. Eine Zeitlang fahren wir am großen Haupt-Hafen entlang. Rechts von uns große, andeutungsweise herrschaftlich aussehende Gebäude. Sehr schön restauriert. Links von uns noch deutlich höhere Fassaden, die alles überragen. Die Fassaden von Kreuzfahrtschiffen. Flach gelegte Hochhäuser. Vor den Fenstern Balkons mit schicken Liegestühlen. Schwarze Großraum-Taxis mit abgedunkelten Scheiben, frisch geputzte vollklimatisierte Groß- und Kleinbusse auf der Pier. Bedienstete, die vor und unter der Gangway wimmeln. Offenbar bricht man gleich auf zu einigen Landausflügen. Wir fantasieren. Die Outdoor-Aktivisten lassen sich zum Ätna fahren und brettern dort mit martialischen Allrad-Monstern rauf zum Gipfel. Die klassischen Stadt-Besichtiger*Innen begeben sich zur Stadt-Rundfahrt in einem dieser roten Mini-Lokomotiven-Züge mit anschließendem Kaffee in der schönsten Pasticceria der Stadt. Vielleicht kann man auch zu einer Partie Golf aufbrechen. Oder zu einer Tour im Kleinbus zu einem schönen Strand etwas außerhalb. Cocktail inclusive. Während wir das fantasieren, wirkt die Umgebung der Straßenbahn allmählich immer weniger aufpoliert und besichtigungstauglich. Ganz langsam bewegen wir uns vom Fruchtfleisch zur Schale. Sie ist hier und da ein wenig angedötscht, aufgeplatzt, verschorft. Ein nicht sehr großer, schlanker, sehr dunkler Sizilianer steigt ein. Er meckert vor sich hin. Sucht immer wieder Blickkontakt zu einem Afrikaner, der uns gegenüber auf der Bank sitzt. Wir verstehen nicht, was der Sizilianer sagt, aber wir verstehen, es geht um Provokation. Der Afrikaner ist sehr verunsichert. Er schaut weg, dann wieder hin, dann wieder weg. Sein Blick ist flüchtig, flatternd. Die Menschen um uns herum sind genervt von dem Geschimpfe. Aber sie steigen nicht ein in das angebotene Kämpfen. Sie suchen nur den Blickkontakt mit dem Afrikaner. Versuchen ihm Beistand zu signalisieren. Versuchen ihm mit Augenbrauen, Haltungen, angedeuteten Handbewegungen zu signalisieren: Hör nicht auf das Gemecker! Lass Dich nicht verrückt machen! Der spinnt!
Als der Sizilianer aussteigt, lässt er noch ein paar Sprüche da. Dann schließt sich zischend die Tür und die Körper und Gesichter entspannen sich. Der Afrikaner nicht. Er schaut auf den Boden vor sich.
Endstation im grauen Alltag in Messina. Auch wir steigen aus. Stromern herum.
Die Liebste hat beim Abendspaziergang einen Frisiersalon entdeckt und die spontane Idee, sich hier morgen frisieren zu lassen. Sie geht hinein um einen Termin zu machen. Kommt wieder zurück und berichtet, sie brauche keinen. Sie solle einfach morgen früh kommen.
Das tut sie. Und lernt Elena kennen. Elena schneidet ihr kunstvoll die Haare. Mit einem Messer. Und plaudert. Dabei klärt Elena die Liebste über wichtige grundsätzliche Dinge auf. Zum Beispiel darüber, dass Deutschland ein wirklich schönes Land sei. Sie sei einmal da gewesen. Wirklich sehr schön. Nur: Im Kaffee sei zu viel Wasser. Wie übrigens auch im Flugzeug und in Mailand.
Im Yachthafen fragen wir einen Mann, der an seinem Schiff hantiert, wie wir zur Madonna della Lettera kommen, der Statue, die uns jedes Mal aufgefallen ist, wenn wir die Hafeneinfahrt von Messina passiert haben. Er lacht. Was wir da wollten. Wir antworten, dass wir sie uns einfach ansehen wollen. Er lacht wieder. Das machen Sie am besten von hier. Er zeigt auf den Boden. Und erklärt weiter, dass man dort nicht hinkönne. Dort sei abgesperrtes Militärgelände. Erst recht könne man nicht rauf. Man sehe sie tatsächlich am besten von hier.
Ein Gebäude ist uns bei der Ansteuerung von Messina aufgefallen. Eine Kuppel, die alle anderen Gebäude überragt. Dort kraxeln wir hin.
Es ist das Sacrario di Cristo Re. Mitten auf dem Stufenaufgang stehen zwei Tische. Einige Menschen drum herum. Eine Initiative, die sich um den Erhalt, die Pflege und die „Bewirtschaftung“ historisch bedeutsamer Stätten in Sizilien kümmert, bietet hier eine Führung an. Wir buchen. Ein junger Mann in Schwarz gekleidet begleitet uns. Sehr freundlich, sehr engagiert und sehr eloquent erklärt er uns alles, was zu diesem Heiligtum zu sagen ist. Er scheint selbst bewegt von dem, was er uns hier zeigt. Besonders von der Glocke, die aus eingeschmolzenen Kanonen gegossen wurde.
Wir mögen einander. Wir fragen ihn, wie es kommt, dass er so gut Englisch kann. Er erklärt ganz selbstverständlich, die wichtigsten Basics habe er in der Schule gelernt. So 20%.
Den Rest beim Online-Spielen und überhaupt bei Computer-Spielen.
Er lässt sich gerne mit der Liebsten fotografieren vor der Glocke aus Kanonen-Stahl. Beide lächeln. Das Foto allerdings existiert nur in unserer Erinnerung. Ich hatte in dieser Zeit keine Karte in der Kamera.
Auf dem Rückweg vom Sacrario di Cristo Re kommen wir in einem normalen Wohnviertel an einer Bar vorbei und haben gleichzeitig den Impuls, hier bei einem Aperitif ein wenig auszuruhen. Beim Betreten der Bar stolpere ich und falle auf die Treppe. Ich kann mich beim Fallen nicht abfangen, denn ich habe den Fotoapparat in der Hand. Sofort springt der junge Mann am Tisch nebenan auf. Die Kellnerin eilt herbei. Ebenso der Besitzer. Alle möchten gerne helfen. Erkundigen sich immer wieder, ob wirklich alles in Ordnung sei. Ich würde ihnen gerne sagen, dass mir nichts passiert sei, dass mir nur das Knie wehtut, und dass das morgen bestimmt ein bisschen dick ist. Aber dazu kann ich zu wenig Italienisch. Also: „Tutto a posto, grazie.“
Wir sind jetzt nicht nur Gäste. Wir sind jetzt Menschen, um die man sich kümmert.
Beim Bezahlen fragt die Liebste die Kellnerin, was es mit dem Namen des Cafès auf sich hat. „XXIV Maggio“. „Ganz einfach, das ist der Name der Straße hier.“ Wir schauen auf die Wand draußen gegenüber.
Am Abend versuchen wir herauszufinden, was es mit diesem Tag in Messina auf sich hat. Wir lernen alle möglichen interessanten geschichtlichen Dinge. Aber erst spät wird klar: Der 24. Mai ist der Tag, an dem Italien in den ersten Weltkrieg eingetreten ist. Gegenleistung der alliierten Staaten gegen Österreich-Ungarn und Deutschland unter anderem: Südtirol.
Unser langes Gespräch über meine Angst bei der Überfahrt von Reggio di Calabria nach Messina endet mit Bezahlen an der Theke. Eine ziemlich divenhafte Frau hinter der Kasse fragt mich, wann wir wieder fahren. Ich stutze. Hab ich das jetzt richtig verstanden? Was meint sie? Sie legt nach: Sie sind doch mit dem Schiff hier? Ich bin platt. Woher weiß diese Frau, dass wir mit einer Segelyacht im Porto Nettuno liegen. Ich antworte so wahrheitsgemäß wie verdattert, dass wir noch nicht wissen, wann wir wieder auslaufen. Sie wendet sich ab. Sie hat keine Lust, sich weiter mit diesem stotternden Nicht-Wisser zu beschäftigen.
Erst draußen wird mir klar: Wir sind hier in der Nah-Schiff-Bewegungszone von Kreuzfahrtschiff-Passagieren. Die Lady wollte einfach nur wissen, ob heute Abend noch mit zusätzlichen Einnahmen zu rechnen ist.
(Rückblick auf Messina und Milazzo)
Ich träume von einem neuen Postkarten-Format.
„Living Postcards“.
Wir hätten welche verschickt aus Messina und Milazzo.
„From Real Life With Love“
Milazzo hat etwas mehr als 31 000 Einwohner. Sagt Wikipedia. Als wir unseren ersten Abendspaziergang vom Hafen aus machen, stellen wir fest: Die 31 000 müssen allesamt jetzt gerade zur Passegiata hier auf der Hafenpromenade sein. So ein unfassbarer Betrieb ist hier. Plus Familienangehörige, die gerade zu Besuch sind. Plus die paar Touristen, die sich hierher verirrt haben. Wir z.B., die wir auf einer Bank sitzen und das Treiben hier Eis-leckend betrachten. Im Hintergrund eine alles andere als malerische Industriekulisse. Verrückt.
Am nächsten Abend wandern wir zur anderen Küste dieser schmalen Halbinsel. Was heißt „wandern“? Es ist ein kleiner Spaziergang. Wir finden einen Traumstrand. Davor eine Straße. Zwischen Traumstrand und Straße: Nichts. Keine Bars für den Sundowner. Nicht mal Reste von temporären, die vielleicht nur während der Saison offen sind. Stattdessen liegen dort drei mittelalte Menschen im Rest des Sonnenlichtes. Kurz vor Sonnenuntergang packen sie ihre Sachen und gehen. Ist kühl geworden.
Wir staunen lächelnd. Wie kann man jetzt gehen? Die Echtzeit-Romantik kommt doch gleich erst.
Die aus Touristensicht viel schönere Küste ist verwaist. Am Lungomare mit Blick auf Öltürme tobt das Leben.
Rechts vom Hafen liegt erhöht in einiger Entfernung ein großes, halbrund geformtes Gebäude mit vielen Fenstern und kleinen Balkons in Richtung Bucht von Milazzo. Wir fragen uns, was das wohl für ein Gebäude ist. Ein Hotel? Eine Altenresidenz? Ein Krankenhaus? Wir fragen einen älteren Herrn. Er kommt aus einem Haus im Schatten dieses Gebäudes. Er schaut erstaunt hin. Und weiß es auch nicht. Aber er empfiehlt uns eine Pizzeria in der Nähe, falls wir ein Restaurant suchen.
Eine kleine feine Ennoteka vis-à-vis vom Lungomare. Hier gibt man sich kleinen feinen Genüssen hin für großes Geld. Vornehmlich Männer. Einer betritt den Laden mit einer sehr viel älteren Frau. Vielleicht seine Mutter. Er dirigiert sie an einen Tisch neben uns. Mehr Tische gibt es nicht. Draußen noch zwei, drei Tische mit Barhockern. Hier drinnen passiert’s im Stehen. Ein Gast, der schon hier war, begrüßt den neuen Gast. Man kennt sich. Man ist vertraut. Fasst sich an. Gibt angedeutete Wangenküsse. Einer der Kellner reagiert auf den neuen Gast laut, freudig und mit einem hüpfenden Gang hinter der Theke weg zu ihm. Schnell ist klar: Der Neue hat heute Geburtstag. Der Gast, der schon da war, ist ein wenig beschämt, dass er es vergessen hat. Mit lachend vorgetragenen Entschuldigungen verlässt er den Laden. Kurze Zeit später kommt er wieder. Er übergibt dem Geburtstagskind eine schicke kleine Papiertasche aus einer Parfümerie. Geburtstagskind packt aus. Währenddessen öffnet der Kellner eine erste Flasche Schampus. Oh, wie schön!! Eine Fläschchen Parfüm. Es wird natürlich sofort probiert und wortreich kommentiert. Auch der Mama gefällt der Geruch.
Nach dem ersten Gläschen betritt ein weiterer Mann den Laden. Er hat auch ein kleines Geschenk dabei. Er hat offenbar dran gedacht. Geburtstagskind packt aus. Unter dröhnendem Gelächter und vielen Scherzen, die wir alle nicht verstehen, tritt zutage: Ein Fläschchen Parfüm. Exakt dasselbe. Nur die Flasche eine Nummer kleiner. Die die Schampus-Gläser werden sofort lachend nachgefüllt.
Ein weiterer Traum wird wahr. Unmittelbar neben dem Yachthafen sind mehrere Fischer-Kooperativen, die hier an kleinen Tischen direkt nach der Rückkehr vom Fischfang ihre Beute verkaufen. Wir streifen daran entlang. Unten, direkt vor den sanft ausplätschernden Wellen, hantieren zwei Leute mit etwas Größerem. Wir schauen genauer hin. Es ist ein Rochen von bestimmt 1,50 Durchmesser. Die beiden schneiden Filetstücke heraus. Ich hebe die Kamera. Noch bevor ich fragen kann, gibt mir einer der beiden mit heftigen Gesten zu verstehen, dass er nicht fotografiert werden will. Ich drehe mich weg. Ein Fischer hier oben hat die Szene beobachtet. Er lächelt und zuckt mit den Schultern. Er lädt mich ein, ihn zu fotografieren. Er posiert sogar ein bisschen für mich.