Lieber Jan Josef Liefers,
mir fiel kürzlich – ich weiß gar nicht so genau, warum – eine Geschichte aus meiner frühen Jugend ein. Sie ist schon sehr lange her. Bestimmt mindestens 55 Jahre. Ich denke, ich war so zehn.
Ich saß, in meinen blauen Festtags-Anzug gezwängt, frisch gebadet und Seitenscheitel-gekämmt an einer großen Tafel inmitten einer Hochzeitsgesellschaft. Das Festmahl war vorbei. Die Erwachsenen rauchten, plauderten, tranken einen Verdauungsschnaps, – ich vermute die Damen: Ein Likörchen. Mitten dazwischen hockte ich, festgetackert auf meinem Stuhl, und hatte schreckliche Langeweile. Also fing ich an, mit den Streichhölzern zu spielen, die neben dem Aschenbecher lagen. Plötzlich – ich weiß überhaupt nicht mehr, wie das passieren konnte – fing eine leere Schachtel, die im Aschenbecher lag, Feuer. Erst fand ich das noch lustig. Aber dann wurde die Flamme doch so groß, dass ich erschrak. Ein kurzer heimlicher Seitenblick nach rechts und links. Mir schien, als wären die Damen in meiner Nähe so sehr ins Gespräch vertieft, dass sie noch nichts gemerkt hatten. Also ergriff ich die Chance und versuchte, das Feuer schnell auszupusten. So eine brennende Zigarettenschachtel braucht eine Menge Puste. Dennoch: Ich besiegte das Feuer. Pfuh! Glück gehabt.
Dachte ich.
Leider war die Folge ein schwerer Kollateralschaden. Die Asche der Schachtel und der Zigaretten lag nun unvertuschbar großflächig um den Aschenbecher herum. Dem frisch gestärkten weißen Tischtuch und damit der ganzen Feier war fundamentale Verschmutzung angetan. Soviel wusste ich. Und dass das ebenso fundamentalen Ärger geben würde.
Also versuchte ich, die Asche mit dem Handrücken schnell wegzuwischen. Von dem frisch gestärkten weißen Tischtuch.
Dann bemerkte Tante Else mein Tun.
Ich dachte, ich schreib Ihnen das mal. Als kleinen Trost.
Herzlichst Ihr
Trotzkopfdumm