Tag 70
Ein bisschen fühlt es sich an wie ein Abschiedsbesuch. Ich schaue mich um und denke traurig: „All das hier wird schon bald sterben.“ Ziemliche Theatralik in meinem Herzen. Aber es ist gut so. Ich will sie. Beinahe trotzig.
Dieser Wald hier wird, wenn alles den üblichen Gang geht, bald gerodet werden. Denn er soll dem Abbau von Quarzsand weichen. Das Öffentlichkeits-Beteiligungs-Verfahren zur Planung dieses Eingriffs in die Landschaft ist vor kurzem geendet. Es gibt 23 Eingaben. Die werden jetzt bearbeitet. Es gibt vorsichtig vorgetragene Kritik. Aber nicht an der Grenze zum Protest. Hier und da immer mal ein bisschen Beschwichtigung via Lokalzeitung. „Arbeitsplätze auf 25 Jahre gesichert“, „Angrenzende Naturschutzgebiete nicht gefährdet“, „Als Ersatz für die gefällten Bäume wird woanders aufgeforstet“ (an anderer Stelle kann man dann lesen, dass die Firma kaum Stellen findet, wo sie überhaupt aufforsten kann.), „Der Wald ist eh wertlos“ (O-Ton eines Mitglieds der Grünen, eines Fachmannes. Er kommt in den sanften Beschwichtigungs-Wogen besonders oft zu Wort.)
Ich weiß nicht, was ich machen kann. Was ich machen soll. Was ich gar machen muss? Ich stolpere herum, irgendwo im Niemandsland zwischen „Das ist ja alles längst beschlossen. Was willst Du da ausrichten?“ und „Morgen fange ich an, ein Baumhaus zu bauen.“
Gibt es ‚wertlosen‘ Wald?